Kohle Abbau Bergleute Credit: Pedro Henrique Santos, Unsplash

Echter Klimaschutz ist selbstbestimmt

Ein Blog über Macht und Ohnmacht in der Klimakrise

Klima Radikal Fossile Strategien

Fossile Strategien – Woran Klimaschutz scheitert

Ökologisch ist die Sache einfach: Nichts kann das Klima schneller entlasten, als ein schneller und vollständiger Wechsel zu erneuerbaren Energien. Doch die Energiewende ist seit Jahren schwer umkämpft. Denn es geht um viel mehr als nur um Emissionen.

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Vor 50 Jahren war die Sache klar: Die vielen ökologischen Probleme auf der Erde erfordern eine andere Energieversorgung: Weg von den fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Quellen. Das könnte so viele Umweltprobleme lösen, von vertrockneten Wäldern über übersäuerte Ozeane, Müllbergen aus Plastik bis zu Dürre- und Flutkatastrophen.

Für die Pioniere einer Energiewende war die Umstellung auf Erneuerbare aber nicht nur ein ökologisches Projekt, sondern auch eine politische Transformation. Denn eine dezentrale Struktur des Energiesystems würde tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen auf allen Ebenen bewirken – wirtschaftlich, verteilungspolitisch, sozial, außenpolitisch. In heftigen Interessenkonflikten agierten die solaren Vorreiter gegen die mächtige Fossilwirtschaft mit einem großen Ziel: Der wichtigste Wirtschaftssektor der Welt könnte fundamental umstrukturiert werden. Es winkte nicht weniger als eine sozialere, gerechtere und nachhaltigere Welt. 

Heute ist alles anders: Die zahlreichen ökologischen Probleme werden meist auf „das Klima“ reduziert. Gestritten wird weniger um die konkrete Energiepolitik, als mehr über abstrakte Ziele, die Emissionen zu reduzieren. Auf internationalen Konferenzen ringen Regierungen um Prozente und Jahreszahlen, die sie über Spar- und Verbotsmaßnahmen durchsetzen wollen. Je ambitionierter die Ziele, desto repressiver die Maßnahmen. Klimaschutz erscheint als Last und Bürde, die allen Menschen Verzicht abverlangt.

Und die Energiewende? Diese große, kraftvolle Vision? Dieser Weg zu Unabhängigkeit, Energieautonomie, solidarischen Strukturen, regionaler Wertschöpfung, Umverteilung von oben nach unten und Frieden?

Um die Energiewende kreisen verschiedene Interpretationen. Und sie ist umstrittener denn je. Aber im Gegensatz zu früher verlaufen die Konfliktlinien heute anders. Kämpften damals die solaren Pioniere gegen die Fossilwirtschaft, gibt es heute neue Allianzen. Energiekonzerne inszenieren sich als Vorreiter der sauberen Energie, fordern staatliche Unterstützung ein und erhalten dafür viel Zustimmung, auch aus der Klimaschutzbewegung. Diesen Schwung nutzen die Energiekonzerne, um viele neue Strukturen zu schaffen – alles unter dem Label Klimaschutz. 

Allerdings bekommen sie dafür auch einigen Gegenwind. Die Energiewende sei nur ein Vorwand, um die Überwachung und Kontrolle der Bürger durchzusetzen, vermuten Regierungskritiker. Ausgerechnet dieses Projekt, das ursprünglich für Autonomie und Unabhängigkeit stand, gilt vielen nun als Inbegriff einer repressiven Politik.

Das sind fundamentale Umdeutungen. In der Debatte kursieren so viele schönfärberische Begriffe, PR-Kampagnen und verwirrende Behauptungen, dass die zugrunde liegenden Interessenkonflikte kaum noch erkennbar sind.

Das ist das Thema dieses Blogs. Zurück zu den Wurzeln der energiepolitischen Konflikte mit der leitenden Frage: Was ist mit der Energiewende passiert? Wie konnte der visionärste Hebel zur Umgestaltung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse so unter die Räder kommen?


Mit der Energie fängt alles an.

Hermann Scheer

Der Klimawandel ist ein Politikproblem aus der Hölle.

Anthony Leiserowitz

Der Wechsel zu erneuerbaren Energien hat eine zivilisationsgeschichtliche Bedeutung.

Hermann Scheer

Das eigentliche Thema der Volkswirtschaft (bildet) die Energiewirtschaft.

Pjotr Kropotkin

Seit den Anfängen der Menschheit treten in der Geschichte der Energiesysteme zwei Tendenzen zutage: Zersplitterung, Pluralität und Vielfalt der Energiezweige auf der einen und die Tendenz zur Zentralisation (...) auf der anderen Seite. Diese beiden Tendenzen haben das Gesicht der Welt geprägt.

Jean-Claude Debeir, Jean-Paul Deléage, Daniel Hémery

Ökologisch

In den Debatten wird ständig ein solches Feuerwerk an Einzelmaßnahmen gezündet, dass es wirkt, als sei Klimaschutz hochkompliziert und es müsse an allen Ecken und Enden gehandelt werden. Fakt ist: Des Pudels Kern ist die Energieerzeugung. An die 90 Prozent der Emissionen sind energiebedingt. Hier wird es spannend, denn wenn die Ursachen so klar sind, warum ist dann die Lösung so schwer?

 

 

Politisch

Die Antwort liegt im Energiesystem. Die Art und Weise der Energieerzeugung prägt die Infrastruktur einer Gesellschaft. Die Wahl zwischen erneuerbaren und fossilen Energien ist deshalb viel mehr als nur eine technische oder organisatorische Frage. Stattdessen ist sie hochpolitisch, denn eine Energiewende hin zu Erneuerbaren kann eine Transformation auf allen gesellschaftlichen Ebenen auslösen – das hängt allerdings davon ab, wie sie konkret gestaltet wird.

 

Gesellschaftlich

Eine Energiewende hat das Potential, Gesellschaften tiefgehend zu transformieren. Sie kann vieles auf den Kopf stellen: Eigentumsverhältnisse, Machtstrukturen, außenpolitische Beziehungen. Eben deshalb ist sie so umkämpft. Darin liegt eine Chance: Denn sie könnte auch ein Weg sein zu mehr sozialer Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und Demokratie.

Alle zusammen für das Klima?

Die Energiewende als Kern des Klimaschutzes wird oft als eine gemeinsame Aufgabe für die gesamte Gesellschaft verstanden. Doch die betriebswirtschaftliche