Seit Jahrzehnten kämpfen Klimaschützer für eine ökologische Wende. Es gibt kaum etwas, was sie nicht versucht haben: Sie reisten zu internationalen Konferenzen, entwickelten Konzepte, demonstrierten, verklagten Konzerne und besetzten Kohlegruben.
Doch die Ausbeute ist ernüchternd. Während die Klimakonferenzen mit unverbindlichen Absichtserklärungen enden, befindet sich fast die Hälfte der weltweiten fossilen Unternehmen auf Expansionskurs. Das Geschäft mit Kohle, Gas und Öl ist weiterhin lukrativ und befeuert die ökologischen Risiken. Selbst ambitionierte Politiker stoßen an ihre Grenzen, so dass viele Unterstützer und Aktivisten der Klimaschutzbewegung Frust und Ohnmacht empfinden.
Vor diesem Hintergrund änderte sich in den letzten Jahren die Debatte. Je unüberwindbarer die Mauern schienen, desto stärker rückten die politischen Entscheidungsverfahren in den Fokus: Ist demokratischer Klimaschutz überhaupt möglich? Oder ist die Demokratie zu langsam und zu kompliziert? Sollten Regierungen autoritär durchgreifen? Wären globale Institutionen eher geeignet, dieses weltweite Problem zu lösen?
Dabei dreht sich die Diskussion meist um einzelne Maßnahmen und deren Durchsetzung. Es gibt unzählige Vorschläge – mal repressiver und mal demokratischer – , die in isolierten Politikbereichen ansetzen. Das Ergebnis ist eine fragmentierte Betrachtung, die den Zusammenhang verliert.
Die Energieversorgung ist aber das prägende Merkmal einer sozialen Struktur. Sie beeinflusst jeden Politikbereich. Diese Auswirkungen des Energiesystems auf die gesamte Gesellschaft zu untersuchen, bezeichnete der SPD-Politiker und Energiewende-Vordenker Hermann Scheer als „energiesoziologische Betrachtung“. Die Absicht ist eine ganzheitliche Perspektive, die an der Wurzel, an der Art und Weise, wie eine Gesellschaft sich mit Energie versorgt, ansetzt.
In diesem Sinne ist radikal gemeint. klima.radikal zielt nicht auf möglichst extreme oder spektakuläre Handlungen. Stattdessen geht es um die Analyse der wechselseitigen Abhängigkeit von Produktionsweise, Gesellschaftsform und Biosphäre. Das Ziel ist eine klimaschutzpolitische Auseinandersetzung, die die stofflich-energetischen und die ökonomisch-sozialen Vorgänge ins Verhältnis zueinander setzt.
Oder in den Worten von Hermann Scheer: „Mit der Energie fängt alles an.“