Windräder an der Küste Credit: Pixabay

Das EEG – Effektiver Klimaschutz ist möglich

Es gab in Deutschland mal wirksame Klimaschutzpolitik. Der schnellste und effektivste Weg, um Emissionen zu reduzieren, ist einfach: Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) wiederbeleben.

Im Jahr 2000 verabschiedete die damalige rot-grüne Regierung das EEG. Es wird in der Öffentlichkeit bis heute vor allem als eine ökologische Maßnahme aufgefasst. Das ist nicht falsch, aber die Regelung beinhaltet noch viel mehr.

Nicht ohne Grund ist dieses Gesetz seit zwanzig Jahren heftig umkämpft. Schon seine Entstehungsgeschichte ist ungewöhnlich: Die Vorlage kam nicht wie üblich von der Regierung, sondern bildete sich aus einer Initiative der Bundestagsabgeordneten. Die Legislative nutzte ihre Macht. Gegen heftigen Widerstand der Fossilwirtschaft und gegen den eigenen Wirtschaftsminister Müller (SPD). 

Aufbruch in eine dezentrale Energiewelt

Das Gesetz enthielt eine spektakuläre Umdrehung der Prioritäten: Sauberer Strom erhielt die Vorfahrt in den Netzen. Für die fossil-atomar produzierenden Energiekonzerne stellte das eine Zumutung dar. Bis zu diesem Zeitpunkt war es ihnen dank ihrer Monopolstellung gelungen, den Anteil des erneuerbaren Stroms nicht über drei Prozent kommen zu lassen. Nun wurde die konkurrierende Energie bevorzugt behandelt! 

Die Initiatoren des EEG, Hermann Scheer (SPD) und Hans-Josef Fell (Grüne) argumentierten mit dem gesellschaftlichen Wert der sauberen Energie. Demnach sei der unerschöpfliche und schadstofffreie Rohstoff ökologisch und volkswirtschaftlich so viel vorteilhafter, dass die betriebswirtschaftlichen Interessen der Konzerne zurückstecken müssten. 

Das entsprach einer Kampfansage an die wirtschaftlich mächtigen und politisch bestens vernetzte Fossilwirtschaft. Aber nicht dadurch, dass ihre Produktionsverfahren verboten oder verteuert wurden, sondern indem eine saubere Alternative gefördert wurde. 

Die Initiatoren verstanden den Klimaschutz nicht als eine wirtschaftliche Belastung, sondern im Gegenteil als eine Chance. Die Vorteile lagen nicht nur im ökologischen Bereich, sondern sollten ausdrücklich Gewinnmöglichkeiten verschaffen. Davon profitierten nicht die Energiekonzerne, sondern zahlreiche Akteure – Privatpersonen, Mittelständler, Handwerker, Landwirte, Kommunen und andere. In diesem Sinne war das EEG ein marktfreundliches Gesetz: Es verhinderte keine wirtschaftliche Aktivität, sondern verschob die Strukturen so, dass die weniger Kapitalstarken und weniger Mächtigen zum Zug kamen.

Handlungsverantwortung

Auf diese Art verschoben die Regelungen des EEG die Handlungsverantwortung. Es hieß gerade nicht: Liebe Energiekonzerne, bitte produziert in Zukunft sauber. 

Stattdessen entstanden Möglichkeiten, wie einzelne Bürger, Genossenschaften, Landwirte, Unternehmen oder kommunale Versorger selber aktiv werden können. Das Engagement der Vielen sollte die Arbeit der Konzerne ersetzen. Es beinhaltete einen ausdrücklich dezentralen Ansatz. Nicht nur dezentrale Energie, sondern auch dezentrale Akteure und dezentrale Verantwortung. 

In diesem Sinne war das EEG ein Gegenentwurf zu einer von oben nach unten verordneten Klimaschutzpolitik. Es betrachtete Bürger nicht nur als Verbraucher, sondern vor allem als mögliche Akteure. Ihnen wurden klare und finanziell vorteilhafte Wege eröffnet, selber Energie zu erzeugen, diese zu nutzen und ins öffentliche Netz einzuspeisen. Bei diesem politischen Ansatz war nichts verpflichtend. Niemand wurde zur Produktion oder zum Anbieterwechsel gezwungen. Es war schlicht und ergreifend ein attraktives und sinnvolles Angebot. 

Demokratische Wege

In der öffentlichen Debatte wird das EEG bis heute vor allem als eine ökologische Maßnahme wahrgenommen. Es beinhaltete aber viel mehr, nämlich einen grundsätzlichen politischen Wandel, der vor Machtstrukturen nicht halt machte. Wenn Hierarchien aufbrechen, hat das immer auch eine sozial- und einkommenspolitische Seite. Indem den langen Wertschöpfungsketten der Energieversorgung individuelle oder genossenschaftliche Optionen gegenübergestellt wurden, entstanden Teilhabemöglichkeiten auch für weniger Vermögende. 

Das EEG drückt damit einen politischen Ansatz aus, der nicht von oben nach unten verordnet. Stattdessen schufen die Initiatoren einen Rahmen, der unterschiedlichen Akteuren Möglichkeiten bot. Selbstbestimmt konnte jeder einzelne zivilgesellschaftliche Akteur entscheiden, welche Variante für ihn sinnvoll war. 

In diesem Sinne war das EEG ein vollkommen demokratisches Modell zur Klimarettung. 

Die Erfolge

Nachdem das Gesetz im Jahr 2000 auf den Weg gebracht worden war, zeigte sich: Die Bürger machten mit. Die Nachfrage nach Photovoltaik und Windrädern stieg rasant. Landwirte, Familien, Handwerksbetriebe und mittelständische Produktionsbetriebe schraubten sich Solaranlagen auf die Dächer. Kommunen, Stadtwerke oder Gemeinden übernahmen die Energieversorgung in ihrer Region selbst. 

Nach zehn Jahren zeigten sich folgende Effekte: 

  • Der Ausbau passierte viel schneller als erwartet.
  • Das EEG löste einen Investitionsboom aus. Die Kosten sanken, regenerative Technik wurde zum Exportschlager.
  • Die Strompreise fielen.
  • Zahlreiche Arbeitsplätze entstanden.
  • Das EEG brachte regionale Wertschöpfung und steigende Gewerbesteuereinnahmen (hier).
  • Die Eigentümerstrukturen veränderten sich. Über die Hälfte der Anlagen war im Besitz von Privatpersonen, viele davon in Energiekooperativen.
  • Die Importquote von Brennstoffen wie Uran, Erdgas oder Steinkohle sank (hier).
  • Der ökologische Effekt war immens. Die Umstellung auf erneuerbare Energien war der wichtigste Faktor bei der Einsparung von Emissionen.

Der fossil-atomare Gegenschlag

Die Reaktion der Fossilwirtschaft ließ nicht lange auf sich warten. Ab etwa 2009 holte sie zum Gegenschlag aus. In umfangreichen Kampagnen diffamierte sie die Energiewende als teuer und unsicher. Parallel dazu nutzte sie ihren politischen Einfluss, um den Gesetzestext in ihrem Sinne zu verändern. 

Auf diesem Weg gelang es der fossil-atomaren Energiewirtschaft, den Ausbau der erneuerbaren Infrastruktur massiv auszubremsen. In den letzten zehn Jahren brach zunächst die Photovoltaik und später die Windkraft ein. Seit einiger Zeit sinken die jährlichen Zuwachsraten. Es wird zwar noch gebaut, aber immer weniger. Eine vollständige Umstellung ist auf diesem Weg nicht möglich. 

Den Energiekonzernen ist es daher gelungen, den Angriff auf ihre zentralistischen Strukturen abzuwehren. Das ist aus ökologischer und aus demokratischer Perspektive fatal. 

Aber die Ereignisse aus den ersten zehn Jahre dieses mutigen Gesetzes beinhalten eine wesentliche Erkenntnis: Eine dezentrale Energiewelt ist keine reine Vision. Sondern hier wurde der Beweis erbracht, dass es möglich ist. Demokratischer und sozialer Klimaschutz ist nicht nur machbar, sondern funktioniert auch ungeheuer schnell.

Ein neues Kapitel der industriellen Weltgeschichte ist aufgeschlagen worden.

Hans-Josef Fell

Das EEG war ein Durchbruch. Es hat die Wirklichkeit in vielen Ländern der Welt verändert.

Erhard Eppler

Wir haben gesellschaftlich sehr viel Zustimmung zu diesem Gesetz erhalten.

Michaele Hustedt

Das EEG hat trotz massiver Anfeindungen ein grünes Wirtschaftswunder entfacht, welches weder Wirtschaftsanalysten und Energiekonzerne noch Union oder Liberale je für möglich gehalten hatten.

Hans-Josef Fell